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Rudolfshöhe und Schöffelstein

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stayoutoftherz
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Liebe Leser und Naturfreunde,

im Westen Wiens ist der Wienfluß noch naturbelassen (siehe auch hier). Nichts erinnert mehr an das Hochwasser im letzten September, bei dem hier alles überschwemmt war. Nach einem Hochwasser erholt sich die Natur (wenn man sie läßt) und es entsteht oft ein mindestens genauso vielfälltiger Lebensraum wie vorher. Nur Häuser sollte man nicht in einem Überschwemmungsegebiet bauen...
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Klatschmohn am Ufer.
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Die Kleine Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus) gibt es hier reichlich. Am Schatten kann man besser erkennen, warum sie Zangenlibelle heißt.
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Wenn man sich von hier, am Auhofcenter vorbei, südwestwärts wendet, also in die Gegend westlich vom Lainzer Tiergarten, kommt man nach nicht langer Zeit (und 250 Höhenmeter) zur Rudolfshöhe (472m), die ein Teil des "Gelben Bergs" ist.
Die dort befindliche Rudolfswarte ist eine 28,5m hohe Holzkonstruktion aus 1978. Sie erlaubt einen netten Ausblick auf den Wienerwald und Teile von Wien.
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Es ist immer wieder verblüffend, sich zu vergegenwärtigen, wie hoch der Waldanteil im Westen Wiens ist. Der Großteil dieser Aussicht ist tatsächlich Wiener Stadtgebiet, nur der kleine Teil links vorne, ab dort, wo der Wienfluß eine Kurve macht) gehört nicht mehr zu Wien! Rechts hinten irgendwo ist das Haus von @stayoutoftherz zu verorten (Luftlinie knapp 4km).
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Richtung Osten dagegen sind die Bäume dermaßen gewachsen, dass man gerade noch die fernen Hügel im Hintergrund erahnen kann. Dafür ist man auf Tuchfühlung mit den Baumwipfeln.
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Geht man Richtung Osten wieder hinunter, kommt man zu einer der 37 Kernzonen des Biosphärenparks Wienerwald. Das sind streng geschützte Waldgebiete, ohne Eingriffe des Menschen. Hier gilt ein Wegegebot (d.h. Wege dürfen nicht verlassen werden) und sogar ein Beerenpflückverbot. Hier soll der "Urwald von morgen" entstehen, was ambitioniert klingt, aber streng genommen natürlich Unsinn ist, denn Urwald kann es per definitionem nicht sein, weil der Mensch hier früher schon eingegriffen hatte (bevor der Biosphärenpark gegründet worden war).
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Das nächste Ziel der Rundwanderung war der Schöffenstein (425m), an dessen höchsten Punkt (um das Wort "Gipfel" zu vermeiden😃) unvermutet ein Denkmal auf einem riesigen Sockel thront.
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Namensgeber war Josef Schöffel (1832-1910), der ein früher Naturschützer war und als "Retter des Wienerwaldes" gilt. Diese Geschichte ist recht interessant, denn er konnte sich 1870-1872 nur durch eine Medienkampagne gegen den Staat stellen und gewinnen, und das ohne soziale Medien! Österreich war zu der Zeit chronisch pleite nach mehreren Kriegen und so wollte man ein Viertel des Wienerwaldes an einen Holzhändler verkaufen zur Schlägerung. Schöffel warf dem zuständigen Finanzministerium Amtsmißbrauch und Korruption vor, aber er wurde daraufhin der „Lüge und Verleumdung“ und der "Ehrenbeleidigung" beschuldigt und die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen „Aufreizung zu Hass und Verachtung“, also durchaus auch, was heute in Deutschland nicht selten mit Regimekritikern passiert. Da seine Recherchen aber einwandfrei waren, wurden sämtliche Klagen zurückgezogen und die Regierung entzog dem Finanzministerium, dessen Beamte den Wald zu Schleuderpreisen an Freunde verscherbeln wollten, die Verfügungsgewalt über die Staatsforste. Auch die zunächst ihm gegenüber kritische Presse befürwortete sein Anliegen. Die Wälder wurden nicht verkauft und Schöffel wurde später Bürgermeister von Mödling. Im Vergleich zu heute war damals die Gesellschaft in mancherlei Hinsicht freier und die Rechtsprechung offenbar neutral und nicht regierungsfreundlich. Die Gewaltentrennung hat seither empfindlich nachgelassen!

Blick auf die 900m2 große Waldwiese vom Schöffelstein, ein Rest einer ehemaligen Wiesenlandschaft, die vom Wald überwuchert wurde. Man darf nicht vergessen, dass in unseren Breitengraden fast jede Landschaft Wald würde, wenn man nichts dagegen unternimmt, da die Bäume an unser Klima sehr gut angepasst sind, insb. die Buchen. Ein Buchenwald ist hierzulande (und in niedrigeren Seehöhen) die "Klimaxvegetation", sofern der Mensch das nicht verhindert.
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Ein Gefleckter Schmalbock sitzt an dieser Straußmargarite, aber daneben auch noch andere Insekten, insg. 4!
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Der Purpur-Klee hat auch recht hübsche Blütenstände.
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Das war es auch schon wieder, ich hoffe, die Fotos haben Euch animiert, auch wieder einmal raus in
die Natur zu gehen!

All pics by @stayoutoftherz

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