Liebe Leser,
wie meinem vorigen Post über die Akropolis unschwer zu entnehmen, war ich über Ostern in Athen. Hier ein paar Eindrücke, teils Bekanntes, teils Orte abseits aller Reiseführer.
Im Gardeschritt
Die Evzonen (offiziell Präsidialgarde genannt) werden sicher in jedem Reiseführer erwähnt, insbesondere wenn man sie bei der Wachablöse erwischt (immer zur vollen Stunde), bei der sie sich mit weit ausholenden, streng einstudierten Paradeschritten und grimmigem Blick fortbewegen. Sie sind ein Eliteregiment der griechischen Armee und haben heute vor allem Wach- und Repräsentationsaufgaben, wie hier am Denkmal des unbekannten Soldaten vor dem griechischen Parlament.
Olympisches
Das nicht weit entfernte Panathinaiko-Stadion ist das Stadion, in dem die ersten neuzeitlichen Olympischen Spiele 1896 ausgetragen wurden. Es handelt sich um eine weitgehend originalgetreue Rekonstruktion auf den Fundamenten des 330 v. Chr. dort erricheteten antiken Stadions, eingebettet in eine natürlich Senke zwischen 2 Hügeln. Hier die Ansicht von der Akropolis.
Es hat Platz für ca. 50.000 Zuschauer. Bei den Olympischen Sommerspielen 2004 in Athen befand sich hier das Ziel der beiden Marathonläufe.
Es befindet sich ca. 1km östlich von der Akropolis, die daher von hier etwas anders aussieht, die Propyälean sieht man von hier aus nicht. Die massiven Verstärkungen der Mauern an den Hängen des Hügels stammen aus der Osmanenzeit (die sie zuletzt als Verteidigungsanlage benutzt hatten).
Alle Sitze sind aus Marmor, aber einige wenige sind ganz besonderen Würdenträgern vorbehalten! Beachtenswert sind die kleinen Löcher vorne an den Sitzflächen. Sie verhinderten, dass sich bei Regen eine Pfütze bildet, aber da es in Athen eher selten regnet, könnte die Funktion auch eine andere gewesen sein...
Eine nicht ganz jugendfreie Statue.
Unter dem Stadium führt ein unbeschrifteter Gang...
... in ein kleines Museum über die olympischen Spiele. Hier sind die Sujets aller neuzeitlichen Spiele zu sehen und die verwendeten Fackeln.
Ein Gefängnis?
Am Fuße des Philopappos-Hügels kann man auch das sogenannte "Sokrates-Gefängnis" bewundern.
Es handelt sich um mehrere in den Felsen gehauene Höhlen, vermutlich im 5.Jhd. v.Chr. angelegt und mit teilweise noch erhaltenen Wandmalereien und einer Zisterne im hinteren Bereich. In den quadratischen Löchern oberhalb der Höhleneingänge waren Holzträger verankert gewesen, die wohl eine Dachkonstruktion getragen hatten (die aber natürlich nicht erhalten ist).
Dass Sokrates tatsächlich hier gefangengehalten wurde, ist aber fraglich. Warum die Höhlen angelegt wurden, ist bis heute unbekannt. Es könnte sich um eine Badeanlage gehandelt haben. Fakt ist jedenfalls, dass hier während des Zweiten Weltkriegs bedeutende Artefakte des Akropolismuseums und des Archäologischen Nationalmuseums vor den Nazis versteckt und mit einer dicken Betonmauer verschlossen wurden.
Abendstimmung über Athen. Von der Spitze des Philopappos-Hügels hat man einen der spektakulärsten Aussichtspunkte. Hier der Blick Richtung Süden auf Piräus und das Meer.
SNFCC
Apropos Piräus, ich wette die Wenigsten hier haben sich schon einmal bewusst etwas in Piräus angesehen und kennen es bestenfalls vom Hafen, wenn sie unterwegs auf eine Insel waren. Zurecht, denn Piräus ist auch nicht besonders sehenswert - mit einer Ausnahme: Das Kulturzentrum der Stavros Niarchos Stiftung oder kurz SNFCC! Stavros Niarchos (1909-1996) war Reeder und Kunstsammler.
Hinter diesem sperrigen, ja abschreckenden Namen verbirgt sich ein Kunst- und Veranstaltungszentrum, das nicht jede Stadt zu bieten hat (in Wien gibt es jedenfalls nichts Gleichartiges, aber gut, in Wien gibt es auch keine großzügigen Reederei-Milliardäre).
Hier hat der Silberpokal seine letzte Ruhestätte gefunden, der dem ersten modernen Marathon-Olymiasieger von 1896, Spyridon Louis, als Trophäe überreicht worden war (und der 2012 von seinem Enkel bei Christie´s in London versteigert wurde und so in den Besitz der Stiftung gekommen war).
Der 2016 für 630 Mio.€ fertiggestellte und dem griechischen Staat geschenkte Gebäudekomplex enthält unter anderem die neue Nationalbibliothek und die Nationaloper.
Hier ein Teil der beeindruckenden Nationalbibliothek. Man kommt ohne Ausweis hinein, drinnen stellen aber Wärter sicher, dass man nichts Dummes anstellt, z.B. machte mich sofort jemand darauf aufmerksam, dass ich beim Fotografieren keine Personen aufnehmen dürfe (Datenschutz🙄)! Just als wir dort waren, fuhren gerade auf den oberen Stockwerken die automatischen Rollos herunter, die die Bücher vor dem Sonnenlicht schützen sollen.
Die neue Nationaloper, rechts oberhalb der Bildmitte ein Panoramagang, den man mit einem Lift erreicht und von dem man eine nette Aussicht hat. Das 100x100m große Solardach darüber produziert angeblich 3,1GW Strom/Jahr - ich hoffe, es lässt sich regulieren (um ein 2. "Spanien" zu verhindern).
Blick vom Dach auf Teile des >200.000m² großen Parks und bis nach Athen und den ca. 5km entfernten Lykabettos-Hügel im Zentrum, links davon die Akropolis.
Der Park ist wunderschön, leider konnten wir ihm dank des dicht gedrängten Programms nicht mehr Aufmerksamkeit widmen.
Kesariani
Denn wir machten auch einen Abstecher außerhalb Athens, nach Kesariani, eine verschlafene Gegend ca. 7km östlich vom Stadtzentrum, am Fuß des Hymettosbergs. Dort gibt es das byzantinische Kloster Kesariani aus dem 11. Jhd. zu bestaunen.
Wenn man dort eintritt, umfängt einen eine andere Welt, langsamer, weniger hektisch - ein idealer Ausgleich nach ein paar Tagen Athen! Sogar die Katzen strahlen hier eine Ruhe aus!
Umgeben ist das Kloster von einer idyllischen Parklandschaft aus Pinien, Kiefern, Zedern, Olivienbäumen und allerlei Blühendem. Die Gegend ist auch berühmt für ihren Honig (Hymettos-Honig). Da gerade Frühling ist, ist die Blumenpracht ungewohnt reichhaltig für griechische Verhältnisse. Außerdem sind dort die Temperaturen um diese Jahreszeit ideal. Im Sommer kann man Athen eigentlich gar nicht empfehlen.
Agora
Zurück in der Stadt hatten wir noch Zeit, die "Agora" zu besuchen. Das war in der Antike seit dem 5. Jh. v. Chr. ein Platz für Volksversammlungen und auch Gerichtsverhandlungen. Durch die reichhaltige Besiedelungsgeschichte stehen dort heute die Fundamente von verschiedensten Epochen, Archaische Zeit, Klassische Periode und Römerzeit. Es ist schwierig, sich unter den Resten etwas vorzustellen, eher der Gesamteindruck zählt. Eine Ausnahme ist der Hephaistos-Tempel (von dem eine verkleinerte Kopie im Volksgarten in Wien als sog. Theseus-Tempel steht). Er ist zwar nicht so prächtig wie der Parthenon, aber er gilt als einer der besterhaltenen Tempel der Antike, mit allen Säulen noch so, wie sie vor ca. 2400 Jahren gebaut wurden, lediglich im Inneren wurden Dinge verändert, als der Tempel in eine christliche Kirche umgewandelt wurde.
Blick vom Hephaistos-Tempel auf die Agora.
Einen anstrengenden Besichtigungstag kann man am besten ausklingen lassen auf einer der vielen Dachterassen in den Restaurants der "Plaka".
All pics by @stayoutoftherz
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